Autorin: Melina Scheuber
79% der Frauen sparen regelmässig, regelmässig investieren tun lediglich 18%. Dies zeigt eine Studie der J.P. Morgan, wobei rund 4’000 Frauen im Alter von 30 bis 60 Jahren in zehn verschiedenen europäischen Ländern befragt wurden[1].
Dabei ist es gerade für Frauen besonders wichtig, ihr Geld zu investieren. Warum ist das so?
Höhere Lebenserwartung
Frauen leben statistisch gesehen rund vier bis fünf Jahre länger als Männer[2]. Entsprechend müssen unsere Ersparnisse auch länger ausreichen.
Niedrigzinspolitik, Negativzinsen und Inflation
Geld auf dem Sparkonto macht keine grossen Sprünge. Aktuell liegt die Verzinsung für Erwachsene bei praktisch 0% und abängig vom Kontostand können sogar Negativzinsen anfallen. Hinzu kommt die Inflation, welche in der Schweiz aktuell bei 1.5% liegt. Hat man also im Januar CHF 1’000 auf seinem Sparkonto und belässt diese bis zum Dezember ungetastet, so liegt die Kaufkraft zu Jahresende noch bei CHF 985.
Die Kapitalmärkte bieten eine interessante Alternative. So lag zum Beispiel die Rendite des MSCI All Country World Index über die letzten 20 Jahre bei 4% p.a. und jene des Swiss Performance Index bei 6% p.a. (beide berechnet in CHF).
Lücken in der Beruflichen Vorsorge
Teilzeitarbeit, Baby- und/oder Karrierepausen und Haushaltsarbeit führen zu Kürzungen des Arbeitspensums und damit zu Lücken in der beruflichen Vorsorge. Der sogenannte Gender Pension Gap, also die Rentendifferenz zwischen Frau und Mann, beläuft sich in der Schweiz auf 37%. Das heisst konkret, dass Frauen jährlich durchschnittlich CHF 20’000 weniger Rente erhalten als die Männer. Detailliert spreche ich darüber auch in diesem Podcast.
Tiefere Löhne – Gender Pay Gap
Frauen verdienen rund 19% weniger als Männer. Davon lassen sich 56% durch objektive Faktoren wie zum Beispiel die berufliche Stellung, Ausbildung oder Branche erklären. Die restlichen 44% sind unerklärt[3]. Der Lohn hat einen direkten Einfluss auf die spätere Rentenleistung. Je tiefer er ist, desto tiefer sind die Beiträge, welche in die Pensionskasse fliessen. Die Altersrente wird geschmälert.
Neue Praxis bei Scheidung
«Geschiedene Frauen arbeiten in durchschnittlich tieferen Pensen als geschiedene Männer. Ein wichtiger Grund hierfür ist die Kinderbetreuung, die nach der Scheidung in 77 % der Fälle hauptsächlich der Mutter zufällt.»[4]. Dies hat zur Folge, dass Frauen auch nach einer Scheidung tiefere Beiträge an ihre Altersvorsorge leisten.
Das Bundesgericht hat letztes Jahr zudem entschieden, dass zukünftig im Einzelfall entschieden werden muss, ob eine Ehe lebensprägend war und ob noch Kindes- und Betreuungsunterhalt geschuldet ist. Bis anhin wurden in der Praxis Frauen nach einer Trennung oder Scheidung automatisch bis zur Pensionierung durch Unterhaltszahlungen unterstützt.[5]
All diese Punkte haben einen Einfluss auf das Vermögen und beeinflussen Ihre Altersrente negativ.
Was können Sie konkret tun?
Entwickeln Sie mehr Interesse an Finanzthemen
Zeigen Sie Eigenverantwortung und beginnen Sie möglichst früh sich mit Vorsorge-Themen auseinanderzusetzen. Nehmen Sie Ihre Finanzen selbst in die Hand und kümmern Sie sich um ihren «Money Mindset». Dabei geht es um Ihre Denkweise und Einstellung zum Thema Geld. Bestimmt gibt es viele Fragen, welche Sie im Zusammenhang mit Finanzen haben. Schreiben Sie diese auf und setzen Sie sich konkrete Ziele, bis wann Sie welche Frage beantwortet haben möchten. So starten Sie langsam, sich mit Finanzthemen auseinanderzusetzen.
Es ist wie mit dem Erlernen einer neuen Sprache. Je mehr Sie üben, desto besser werden Sie.
Informieren Sie sich über unser Vorsorgesystem
Damit meine ich nicht nur, dass Sie wissen, dass unser Vorsorgesystem auf drei Säulen beruht. Sie sollten wissen, wie Sie einen Pensionskassenausweis richtig lesen, wie Sie im Falle eines Unfalls oder einer Invalidität versichert sind, worauf Sie bei einer Scheidung achten sollten, wie Konkubinatspaare sich gegenseitig absichern können und was Teilzeitarbeit und/oder eine Mutterschaftspause für Sie bedeuten.
Werden Sie selbst gegen das Rentengefälle aktiv
Informieren Sie sich bei Ihrer Pensionskasse wie Sie versichert sind, wie diese mit Teilzeitbeschäftigung umgeht und welche Auswirkungen dies auf Ihre Altersvorsorge hat (Stichwort Mindesteinkommen und Koordinationsabzug in der 2. Säule). Wenn Sie gerade dabei sind Ihre Stelle zu wechseln, wählen Sie einen Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin welche eine fortschrittliche Pensionskasse hat. Suchen Sie sich dafür allenfalls Unterstützung von Spezialist:innen, welche den Vorsorgemarkt gut kennen. Es ist ebenfalls empfehlenswert, dass Sie sich nie komplett aus dem Erwerbsleben zurückziehen.
Umsetzung in kleinen Schritten
Sie müssen nicht alles auf einmal wissen und regeln. Es ist wie mit einem Neugeborenen. Wenn es weint, wissen Sie zu Beginn auch nicht so ganz, was Sie dagegen tun können. Sie probieren einfach einmal aus. In kleinen Schritten geht es jeden Tag etwas besser. Geldanlagen funktionieren identisch. Beginnen Sie mit kleinen Investitionsbeträgen und bauen Sie so Ihr Selbstvertrauen auf. Sie werden sehen, mit der Zeit werden Sie sich immer selbstsicherer fühlen und auch die Investitionsbeträge erhöhen.
Suchen Sie sich Unterstützung
Sie wissen es bestimmt schon selbst: eigentlich wäre es gut, wenn Sie sich um Ihre Finanzen kümmern. Familie, Beruf, Haushalt, sonstige Verpflichtungen; schon so reichen die 24 Stunden am Tag kaum aus und nun sollten Sie sich auch noch Geld zur Ihrer Priorität machen. Ein gewisses Basiswissen ist absolut wichtig, ja. Sie müssen aber nicht alles selber erledigen. Holen Sie sich Unterstützung von Spezialist:innen, welche Sie bei der Umsetzung begleiten. Wichtig dabei ist, dass Sie sich wohl fühlen.
Starten Sie noch heute damit, Ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen
Haben Sie Fragen oder gibt es Dinge, die Ihnen noch unklar sind? Vereinbaren Sie ein Telefongespräch mit mir oder kontaktieren Sie mich via Email oder LinkedIn. Ich freue mich sehr auf den Austausch mit Ihnen.
[1] Studie JP Morgan – Frauen und Geldanlagen
[2] Lebenserwartung | Bundesamt für Statistik (admin.ch)
[3] Lohnunterschied | Bundesamt für Statistik (admin.ch)
[4] Vorsorgerisiko Scheidung | Swiss Life
[5] Bundesgericht: Die Ehe ist für Frauen keine Lebensversicherung (nzz.ch)