Zögern heisst nichts anderes als, mit Vergessen zu beginnen.
— (Charles Dawson, britischer Altertumsforscher, Amateur-Archäologe und -Geologe)
US-Notenbankchef Ben Bernanke hat möglicherweise vergessen, was er im Sommer zum Thema «Anleihekäufe der Notenbank» verlauten liess. Vielleicht ist er aber nur erschrocken über seinen damaligen Mut, das Ende von QE3 (Quantitative Lockerung der Geldpolitik, Teil 3) im Ausmass von monatlich USD 85 Mrd. anzukündigen. Zwar ist die amerikanische Wirtschaft nach aktueller Einschätzung des FOMC (Federal Open Market Committee) auf dem Weg zur Besserung, vom Ziel einer stabilen Beschäftigungslage scheint man jedoch noch weit entfernt zu sein. Entsprechend wurde in der Septembersitzung beschlossen, das sogenannte «Tapering», das Auslaufen des Anleihekaufprogramms, auf die lange Bank zu schieben.
Die Weltaktienmärkte haben mit Erleichterung auf das Hinauszögern des restriktiven Zinsregimes reagiert. Hoch erfreut zeigten sich vor allem die im EURO STOXX 50 Index prominent vertretenen Aktien aus der südlichen Peripherie Europas. Mit einem Quartalsgewinn von 11% setzte sich der Index, zusammen mit dem unter chinesischem Einfluss stehenden Börsenbarometer aus Hong Kong (+10%), deutlich an die Spitze der wichtigsten Aktienindizes. Trotz der starken Aufholjagd im September 2013 konnten die Aktien aus den Emerging Markets den Verlust des Vorquartals nicht kompensieren; zurück bleibt vorerst ein Minus von 3% seit Jahresbeginn.
Zu mehr als einer kleinen Verschnaufpause reichte es den Obligationenmärkten nicht. Das Hinausschieben des «Tapering» war nur ein Tropfen auf den heissen Stein, denn am Markt setzte sich die Einsicht durch, dass der dreissigjährige Zinsrückgang bereits zu Jahresbeginn zu Ende gekommen war. Gar nicht willkommen war das Zögern Bernankes am Devisenmarkt. Mit einem Kurs von 0.9049 zum Schweizer Franken fiel der US-Dollar auf das tiefste Niveau im laufenden Jahr. Nur geringfügig besser behauptete er sich gegen den Euro. Auch hier fehlt nur wenig, um das vorläufige Tief vom Februar bei 1.36 pro Euro zu unterbieten.
Ausblick: «Aus langem Zögern wächst allmählich die Unmöglichkeit.»
(Hans Ulrich Bänziger, Schweizer Psychologe und Schriftsteller)
Die Obligationenmärkte lassen uns keine Zeit zum Zögern. Verängstigte Anleger haben nun vier Monate hintereinander und im Juni rekordhohe USD 40 Mrd. aus amerikanischen Obligationenfonds abgezogen. Was nach einer Gegenreaktion während eines langen Abwärtstrends und deshalb nach einer willkommenen Kaufgelegenheit aussehen mag, ist nach unserer Einschätzung erst der spektakuläre Beginn einer langjährigen Entwicklung zu höheren Zinsen mit gelegentlichen Übertreibungen.
Anlageklasse | Index | Rendite über 3 Monate per 30.09.2013 | Rendite über 12 Monate per 30.09.2013 |
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Aktien Welt | MSCI World Net USD | 8.18% | 20.21% |
Aktien Schweiz | Swiss Performance Index | 5.02% | 26.62% |
Obligationen Welt | JPM GBI Global Traded TR USD | 2.67% | -5.06% |
Obligationen Schweiz | Swiss Bond Index AAA-BBB TR | 0.72% | -0.65% |
Rohwaren | Thomson Reuters/Jefferies CRB TR USD | 3.60% | -7.80% |
Immobilien Schweiz | SXI Real Estate® TR | 1.46% | -2.57% |
Wechselkurs EUR/CHF | -0.42% | 1.28% | |
Wechselkurs USD/CHF | -4.24% | -3.70% |
Die massiven Manipulationen der Zentralbanken verwirren die Marktteilnehmer und führen zu Verwerfungen in der globalen Zinslandschaft. Einheitliche und vor allem künstlich tief gehaltene Zinsen können nicht das Allzweckmittel für unterschiedlich positionierte Volkswirtschaften sein. Diese Unsicherheit hat zwar nicht zum Anstieg der traditionellen Schwankungsindikatoren, wie z. B. dem Volatilitätsindex VIX bei den Aktien, geführt, sichtbar sind die Turbulenzen jedoch trotzdem. Die seit zehn Jahren geltende Gegenläufigkeit der Tagesrenditen zwischen Aktien und Obligationen wechselt beinahe Monat für Monat zwischen positiver und negativer Korrelation ab. Unbeeindruckt vom tiefen systemischen Risiko (SRI) übermittelte der Turbulenz Index (TI) auch im Juli 2013 Signale, die zur Vorsicht mahnten. In der Folge reduzierten wir unseren Anteil an «Real Assets» (Aktien, Immobilien, Rohwaren) um eine weitere Stufe auf 35%.
Wir gehen davon aus, dass das aktuelle Zielportfolio 4 den Abschluss unserer defensiven Position im laufenden Jahr bilden wird. Mit dem Wechsel zu einer höheren Aktienquote bis zum Jahresende darf gerechnet werden, weil die folgenden Aspekte nach unserer Einschätzung die Oberhand gewinnen werden:
- Die saisonal unterdurchschnittliche Phase für Aktien dürfte in den nächsten Wochen abgeschlossen sein. Das Jahresendrally ist keine Legende, sondern statistisch gut belegt.
- Abgezogene Mittel aus den Obligationenfonds müssen keineswegs vollständig in Aktien fliessen. Es darf jedoch davon ausgegangen werden, dass zumindest ein Teil der renditesuchenden Gelder in den Aktienmarkt abwandern wird.
- Aktienquoten sind über die letzten Monate gestiegen und reduzieren langsam die erwarteten Renditen für die nächsten zwölf Monate. Es lassen sich jedoch immer wieder sogenannte Sovereign Wealth Fonds, grosse global investierende Anlagefonds von Staaten finden, die bis zum heutigen Zeitpunkt noch keinen Dollar in Aktien investiert haben. Hier besteht grosser Aufholbedarf, der die Aktienmärkte bis zum Jahresende unterstützen wird.
Globale Finanzmärkte – Rückblick
Aktien
Die zum Ende des Vorquartals aufgekommene Verunsicherung wurde im 3. Quartal kompensiert. Neue Höchstwerte wurden an den amerikanischen Aktienmärkten notiert, und in Europa sorgte die Erholung der Finanzwerte für Bewegung im EURO STOXX 50. Mit einem Gewinn von 12% näherte sich der Index der psychologisch wichtigen Marke von 3000 Punkten; noch liegt er aber 56% unter dem Wert vom Sommer 2007.
Obligationen
Die Erholung bei den Obligationen liess sich vor allem in den etablierten Märkten feststellen werden. Bonds aus den Emerging Markets reagierten jedoch wegen der Schwäche ihrer Heimwährung stärker auf den Mittelabfluss als auf die Verzögerung des «Tapering». Inflationsgeschützte Obligationen verdeutlichen mit ihrer fortgesetzten Schwäche, dass das Inflationsgespenst mit tiefgehaltenen kurzfristigen Zinsen wohl kaum vertrieben werden kann.
Rohwaren
Ihre Notierungen profitierten von der strategischen Rohwarenknappheit und litten nur wenig unter dem Szenario langfristig steigender Zinsen. Unter Führung der Edelmetalle (Gold +11%, Silber +15%) und gegenläufig zum US- Dollar legte der umfassende CRB Index knapp 4% zu.
Immobilien
Im Gleichschritt mit den Zinsen resultierte eine breite Erholung bei den Immobilien. Der starke Preisanstieg im englischen Häusermarkt lässt sich auf das staatliche Garantieprogramm für Hypotheken zurückführen. Nicht wenige Ökonomen verfolgen diese Entwicklung jedoch mit Skepsis. Damit setzten sich die englischen Immobilienwerte im Jahresvergleich an die Spitze der wichtigsten globalen Märkte.
Währungen
Entgegen unseren Erwartungen fiel der US Dollar auf den tiefsten Stand im laufenden Jahr. Aktuell notiert er bei 0.9049 gegenüber dem Schweizer Franken, zum Euro liegt die amerikanische Währung mit USD 1.3526 nur noch unwesentlich höher als ihr Jahrestief im Februar.
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