Die rund um den Globus erfolgenden Rückschläge an den Aktienmärkten sind substanziell. Was passiert, und wie geht es weiter?
Es fallen die folgenden Eckwerte auf:
- Die Rückschläge erfolgen ohne substantielle konjunkturelle Veränderung
- Die Erwartung höherer Inflation hat die Bondrenditen deutlich anziehen lassen
- Die Marktteilnehmer antizipieren steigende Zinsen und bewerten Anlagen deshalb neu
- Bei einem Wechsel des US-Notenbankchefs erhöht sich die Volatilität vor und am Tag der Einsetzung, so auch bei Jerome Powell
- Wir stellen eine abrupte Erhöhung der Volatilität fest
- Hingegen beobachten wir keine namhafte Risikokonzentration
- Grössere Verkaufsorder stammen von computergestützten und volatilitätsgetriebenen Strategien
- Andere Anlageklassen wie Anleihen, Gold und Devisen reagieren nicht gemäss einem Krisenszenario
Die Konjunktur läuft gut, und viele Investoren haben den Eindruck, sie laufe fast zu gut. Sie erwarten deshalb eine anziehende Inflation, und die Folge davon sind steigende Bondrenditen. Mit einer höheren Teuerung würde die US-Notenbank Fed nach langer Zeit endlich ihr Ziel erreichen, und solange die Inflation nicht deutlich über 2% hinausschiesst, wäre das eine gute Nachricht.
Eine Neubeurteilung des (erwarteten) Zinsniveaus führt zu einer Neubewertung der Anlagen. Solange sie im Rahmen einer kontrollierten Normalisierung erfolgt, dürfte sie keine schwerwiegenden Folgen haben. Eine akzentuierte Zinswende würde hingegen Risiken bergen, ist gemäss Einschätzung der wichtigsten Notenbanken jedoch unwahrscheinlich. Vor diesem Hintergrund – und nach den Übertreibungen der letzten Wochen – scheint eine Kurskorrektur der Aktienmärkte von 10 bis 15% durchaus vernünftig zu sein. Im Sinne der längerfristigen Entwicklung ist sie gar vorteilhaft.
Den Markt belastet haben auch technische Aspekte. So war beim Amtsantritt von Ben Bernanke und Janet Yellen jeweils eine erhöhte Volatilität zu beobachten. Die gestrige Amtsübernahme von Jerome Powell ist von noch deutlicheren Rückschlägen begleitet worden. Ob dies ein Zeichen der Skepsis der Märkte gegenüber Powell ist, wird sich noch weisen. Auf jeden Fall mussten die Risiken in gewissen Anlagestrategien reduziert und Umschichtungen vorgenommen werden. Es stellt sich nun die Frage, ob die Phase erhöhter Volatilität länger andauert und ob dies zu weiteren Rückschlägen führt. Dieses Szenario ist unserer Meinung nach unwahrscheinlich. Wir rechnen mit einem Rückgang der Volatilität, analog der Bewegung der Renditen an den Bondmärkten, die bereits wieder sinken.
Ein wesentlicher Faktor für unsere Einschätzung der Risiken ist die Risikokonzentration, und zurzeit beobachten wir keine erhöhten Werte. Diese Komponente, die auf eine nachhaltige Marktkorrektur hinweisen würde, fehlt fast gänzlich.
Fazit
Die jüngsten Kurskorrekturen scheinen eine Reaktion auf die Übertreibungen der letzten Wochen zu sein, und sie bringen die Aktienmärkte auf einen vernünftigeren Pfad zurück. Dieser Pfad dürfte in den kommenden Monaten deutliche Unterstützung erhalten, da die Rahmenbedingungen des Wirtschaftsverlaufs gut und moderate Zinserhöhungen zu erwarten sind. Zudem geht die niedrigere Bewertung mit ausgezeichneten Unternehmensergebnissen einher. Der Rückschlag an den Börsen ist als Schritt in Richtung Normalität sowie als Rückkehr in die Bandbreite einer historisch üblichen Volatilität zu sehen.
Es scheint ferner, als würde sich unsere Einschätzung eines anfälligen US-Aktienmarktes bestätigen. Die Korrekturen an den asiatischen und europäischen Börsen dürften deshalb weniger ausgeprägt ausfallen. Ganz im Sinne des Prinzips «follow the sun» haben wir einen Abbau der Aktienquote USA zu Gunsten von Asien und Europa empfohlen, und die aktuellen Ereignisse bekräftigen uns in dieser Einschätzung.
Das gilt auch für die Emerging Markets, wo leicht geringere Rückschläge zu verzeichnen sind. Wir sind davon überzeugt, dass wir in Asien, Europa und in den Schwellenländern auch eine raschere und deutlichere Erholung als in den USA sehen werden.
Wegen den erhöhten Turbulenzen reduzieren wir unser Risikobudget um eine Stufe. Da unsere Risikoindikatoren jedoch tiefe systemische Risiken und eine mittlere Turbulenz anzeigen, bleiben wir in Sachwerten übergewichtet.