Rückblick
Von Nanking bis Peking sind die Käufer nicht so klug wie die Verkäufer.
Aus China
Der Unterschied könnte nicht grösser sein. Auf der einen Seite des Atlantiks wird die US Federal Reserve Bank ihre Anleihekäufe am Ende diesen Monats einstellen, auf dem alten Kontinent erklärte Präsident Mario Draghi dagegen, die Europäische Zentralbank (EZB) werde ihrerseits Mitte Oktober 2014 ein Programm zur quantitativen Lockerung der Geldpolitik («Quantitative Easing») nach amerikanischem Vorbild starten. Werden die späten Käufer bald von klugen Verkäufern übervorteilt?
In der Tat lässt sich sagen, dass die Käufer der ersten Stunde wohl den richtigen Entscheid gefällt hatten. Zwar darf Korrelation nicht mit Kausalität verwechselt werden, es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die in New York getroffenen Massnahmen, wenn auch nicht wie gewünscht in der Wirtschaft so doch in den Aktienmärkten angekommen sind. Es lässt sich verschmerzen, dass die beiden Kategorien «Aktien Welt» und «Obligationen Welt» im abgelaufenen Quartal einen kleinen Verlust erzielten, denn europäische Anleger profierten vom wiedererstarkten US-Dollar. Mit einem Anstieg von über 7% gegenüber dem Schweizer Franken liegt die amerikanische Valuta nun auch über zwölf Monate mehr als 5% im Plus, gegenüber dem Euro hat sie sich sogar um 7% verteuert.
Rohwaren fechten zurzeit einen Zweifrontenkrieg aus. Zum einen deutet die US-Arbeitslosenrate, die erstmals seit Sommer 2008 unter 6% gefallen ist, auf eine stärkere Wirtschaft mit entsprechend höheren Zinsen hin. Zum andern kommen die Deflationsängste der Europäischen Zentralbank dazu. Beide Faktoren schwächen sowohl die Industrierohwaren als auch die Edelmetalle, denn Deflation signalisiert eine abnehmende Nachfrage und steigende Zinsen erhöhen die Alternativkosten, was das Halten von zinslosen Anlagen wie Goldbarren zunehmend unattraktiv macht. Dementsprechend büssten die im CRB Index gehaltenen Rohwaren im 3. Quartal 2014 fast 10% ein.
Ausblick
Wer sich sicher fühlt, lebt im höchsten Masse unsicher.
Dr. Sigbert Latzel, Germanist, Philosoph, Schriftsteller und Aphoristiker
So sicher wie die EZB von der Stärkung spezieller Marktsegmente und von der Erleichterung der Kreditvergabe im Nachgang an die Kaufprogramme ausgeht, so unsicher scheinen die ergriffenen Massnahmen vom Erfolg gekrönt zu werden. Spätestens seitdem die EZB 2011 mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit 1929 die Zinsen erhöht hatte, hinkt sie stark der Wirtschaftsentwicklung hinterher. Die nachfolgenden sieben Reduktionen des Hauptrefinanzierungssatzes bis auf aktuell 0.05% haben keinerlei Besserung der Wirtschaftsaktivität gewirkt, von einer Entschuldung der europäischen Peripheriestaaten kann schon gar keine Rede sein. Im Gegenteil: Es sind die Finanzmärkte, die aufgrund der Liquiditätszufuhr haussiert und gerade in den letzten Tagen und Wochen mit steigender Volatilität – als Ausdruck zunehmender Unsicherheit unter den Marktteilnehmern – reagiert haben.
Anlageklasse | Index | Rendite über 3 Monate per 30.09.2014 | Rendite über 12 Monate per 30.09.2014 |
---|---|---|---|
Aktien Welt | MSCI World Net USD | -2.16% | 12.20% |
Aktien Schweiz | Swiss Performance Index | 2.84% | 14.25% |
Obligationen Welt | JPM GBI Global Traded TR USD | -3.29% | 0.31% |
Obligationen Schweiz | Swiss Bond Index AAA-BBB TR | 1.03% | 4.34% |
Rohwaren | Thomson Reuters/Jefferies CRB TR USD | -9.62% | -2.41% |
Immobilien Schweiz | SXI Real Estate® TR | 3.09% | 9.11% |
Wechselkurs EUR/CHF | -0.67% | -1.44% | |
Wechselkurs USD/CHF | 7.69% | 5.55% |
Für das gesamte Jahr 2014 galt bis dahin das Zielportfolio 6 mit der höchsten Sachwertquote. Seit Anfang Oktober befinden wir uns aufgrund des kürzlich stark anziehenden Turbulence Index (TI) im Zielportfolio 5 mit tieferem Gewicht in den Realwerten (Aktien, Immobilien, Rohwaren). Eine deutliche veränderte Korrelationsmatrix ist Hauptgrund für diese defensivere Positionierung. Der TI reagiert empfindlich auf Stresssignale im Verhalten der Anlagekategorien untereinander und ist im Gegensatz zum Systemic Risk Index (SRI) für kurzfristige Signale bevorstehender Schwankungen zuständig.
Von Seiten des SRI, der die mittel- bis langfristige Einschätzung der Stabilität der Finanzmärkte beurteilt, sind keine Anzeichen bevorstehender Verwerfungen auszumachen. Dieser Index befindet sich unverändert auf historisch sehr tiefem und damit ungefährlichem Niveau. Das Zielportfolio 5 ist denn auch bei den Realwerten übergewichtet, allerdings nicht so ausgeprägt wie im Zielportfolio 6. Eine leichte Höhergewichtung von Realwerten gegenüber Nominalwerten empfiehlt sich auch wegen des bevorstehenden Zeitabschnitts zwischen November und Januar mit historisch überdurchschnittlichen Aktienrenditen.
Andere Indikatoren zeigen das folgende Bild:
- In den Wertschriftendepots der Schweizer Banken halten die Anleger aktuell einen Aktienanteil von 43%. Das Überschreiten einer Aktiengewichtung von 45% war in den letzten Jahren gleichbedeutend mit einer Euphorie der Anleger und mit Aktienverlusten im zweistelligen Prozentbereich über die nachfolgenden zwölf Monate.
- Die aktuelle Aktiengewichtung in Europa liegt zwar mit 28% etwas tiefer als bei den Schweizer Banken, die Daten der EZB zeigen aber auf, dass die Gefahrenzone dementsprechend ebenfalls tiefer beginnt, nämlich beim Überschreiten einer Aktiengewichtung von 30% in einem gemischten Portfolio beginnt.
- Ein Anzeichen für bevorstehende Turbulenzen bei amerikanischen Aktien ist die zunehmende Dominanz von immer weniger Aktien und Industriesektoren innerhalb des Aktienindex S&P 500. Aktuell liegt die Marktgewichtung der beiden grössten Sektoren bei 36% der Gesamtkapitalisierung, das Überschreiten von 39% erhöht das Risiko von negativen Renditen über die nachfolgenden zwölf Monate.
Das heisst für uns also insgesamt, dass die Märkte bzw. die Investoren momentan nervös sind, wir aber für die kommenden Monate keine anhaltende Baisse erwarten.
Globale Finanzmärkte – Rückblick
(Vergleiche vorgehende Tabelle)
Aktien
Der in US-Dollar berechnete Weltindex für Aktien litt vor allem unter der erstarkten amerikanischen Währung. Zusätzlich zum währungsbedingten Rückgang verzeichneten einige prominente Indizes wie der Hang Seng in Hongkong oder der englische FTSE-100 auch auf nomineller Basis einen kleinen Verlust von 1% bis 2%. Andere Verlierer waren der deutsche DAX mit einem Minus von 4% und Aktien aus den Emerging Markets (-3%).
Obligationen
Der in US-Dollar berechnete Weltindex für Obligationen verzeichnete vor allem deshalb einen Verlust, weil Obligationen in Nicht-Dollar-Währungen zwar leichte Gewinne erzielten, deren Währungen zum US Dollar jedoch massive Quartalsverluste von über 5% auswiesen.
Rohwaren
Die prominentesten Opfer unter den Rohwaren verloren deutlich mehr als der Gesamtindex (-10%): der Silberpreis brach um 18% ein, Rohöl von der Sorte Brent verlor 13%. Gerade im laufenden Jahr sind die Unterschiede enorm. Am unteren Rand der Tabelle figurieren Sojaprodukte mit -27% für Mehl und -29% für Bohnen, an der Spitze liegen Futures-Kontrakte der Sorte Coffee «C», Kaffeebohnen der Sorte Arabica, mit einem Plus von 72%.
Immobilien
Trotz eines Quartalsverlusts von 3% haben US Immobilien über zwölf Monate die Nase vorn gegenüber Immobilienfonds aus der Schweiz (+9% p.a.). Mit +19% p.a. in US-Dollar weisen erstere einen klaren Vorsprung auf.
Währungen
Der US-Dollar verzeichnete einen markanten Anstieg von 8% gegenüber dem Schweizer Franken. Verluste in gleichem Ausmass gegenüber der amerikanischen Währung ergaben sich auch beim Euro und beim japanischen Yen. Das britische Pfund zog sich mit einem Rückgang von 5% nur unwesentlich besser aus der Affäre.