Begabung verpflichtet: Wer bis drei zählen kann, darf nicht bei zwei aufhören.
– Gregor Brand, deutscher Schriftsteller, Lyriker und Verleger
Mitte September 2012 hat die US-Notenbank weitere Geldspritzen zur Stützung der Wirtschaft beschlossen. Die Meinungen der Wirtschafts- und Börsenexperten über den Nutzen dieser Massnahme – bekannt unter der Bezeichnung «QE3» (auf deutsch: quantitative Lockerung, Teil 3) – sind geteilt. Die ersteren verweisen enttäuscht auf die schleppende globale Wirtschaftsentwicklung seit dem Startschuss von «QE1» im November 2008, letztere frohlocken aufgrund der beobachteten Rallyes an den Weltaktienmärkten im Nachgang zu «QE1» und «QE2» (+43% im MSCI World Index USD über 16 Monate, resp. +10% über 8 Monate).
Die Entwicklung der Finanzmärkte im dritten Quartal 2012 deutet darauf hin, dass die Anleger nach «QE1» und «QE2» mit weiterem Doping der Zentralbanken gerechnet hatten. Frei nach dem österreichischen Volkslied „Bubi, Bubi noch einmal, es war so wunderschön…“ konnten sich die Männer um den US-Notenbankpräsidenten Ben Bernanke dieser Erwartungshaltung einfach nicht entziehen. In der Folge wurde die dritte Geldspritze von ansprechenden Gewinnen in allen wichtigen Anlageklassen begleitet. Damit wurden die Verluste bei Aktien und Rohwaren aus dem Vorquartal mehr als nur kompensiert.
An der Börse sollte man keine Wunder erwarten. Feen können nur bis drei zählen.
– Karl Heinz Karius, Autor, Verleger und Werbeberater
Wird die dritte Öffnung der Geldschleusen endlich den gewünschten Effekt auf den globalen Wirtschaftsmotor haben? Wir von Parsumo können dies kaum mit genügender Sicherheit prognostizieren. Darüber sind wir nicht mal unglücklich, denn unser Fokus richtet sich auf die Einschätzung der Finanzmärkte und deren Aufnahmefähigkeit von immer wieder möglichen, nicht prognostizierbaren schlechten Nachrichten respektive Risiken.
Im heutigen Umfeld denken wir, dass «QE3» wohl nicht schaden kann. Wir fürchten uns auch nicht, wenn danach kein «QE4» folgen wird. Alles hat einmal ein Ende. Wir stimmen aber nicht vorbehaltlos in den Volksliedrefrain ein: „Bubi, Bubi, noch einmal, es kann ja nichts geschehen.“ Wunder gibt es keine, es kann immer etwas passieren. Unsere Indikatoren zur Messung der systemischen Risiken haben sich gegenüber dem Vorquartal nochmals verbessert. Der dominante SRI (Systemic Risk Index) befindet sich mittlerweile auf dem Niveau vom Frühling 2009, dem Start der starken, anhaltenden Markterholung nach dem Absturz im Jahr 2008. Wir haben deshalb die Quote in Realwerten mit dem Zukauf von Aktien bis an die obere Bandbreite von 60% erhöht
Anlageklasse | Index | Rendite über 3 Monate per 30.09.2012 | Rendite über 12 Monate per 30.09.2012 |
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Aktien Global | MSCI World Net US$ | 6.71% | 21.59% |
Aktien Schweiz | Swiss Performance Index | 6.70% | 20.06% |
Obligationen Welt | JPM GBI Global Traded TR USD | 2.78% | 3.34% |
Obligationen Schweiz | Swiss Bond Index AAA-BBB TR | 1.46% | 4.29% |
Rohwaren | Thomson Reuters/Jefferies CRB TR | 8.86% | 3.81% |
Immobilien Schweiz | SXI Real Estate® TR | -0.05% | 5.80% |
Wechselkurs EUR/CHF | 0.60% | 0.62% | |
Wechselkurs USD/CHF | -0.93% | 8.52% |
Realwerte sind unverändert unsere erste Wahl. Die Positionierung für die grosse Trendwende («Big Shift») weg von Obligationen hin zu Aktien, hat nach unserer Einschätzung im dritten Quartal 2012 eingesetzt. Unsere Argumente für ein Übergewicht in Realwerten, dominiert durch Aktien, sind weiterhin gültig:
- Sowohl institutionelle als auch private Anleger halten historisch tiefe Aktienquoten. Aktuell empfehlen amerikanische Vermögensverwalter die tiefste Aktienquote für ein ausgewogenes Mandat seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1985. Dies ist konträr als sehr starkes Kaufsignal zu werten.
- Die massiven Mittelzuflüsse in Obligationenfonds sind noch nicht zum Stillstand gekommen. Über das vergangene Jahr flossen monatlich ca. USD 20 Mrd. in US-Obligationenfonds. Früher oder später zu erwartende Umschichtungen aufgrund von Zinserhöhungen dürften einen enormen Kaufdruck auf die Aktienmärkte bewirken.
- Anleger halten überdurchschnittlich hohe liquide Mittel. Nach unseren Berechnungen liegen die aktuellen Quoten für flüssige Mittel zwischen 10 und 30% über dem langfristigen Durchschnitt. Diese Gelder müssen früher oder später investiert werden. Ein Teil davon wird aus Renditeüberlegungen in die Aktienmärkte fliessen.
- Saisonale Gründe sprechen für ein deutliches Aktienübergewicht. Die Monate November, Dezember und Januar weisen die historisch höchste Durchschnittsrendite bei Aktienindizes der etablierten Märkte aus.
Wir sind seit Februar 2012 im Zielportfolio 5 und damit im Profil mit der zweithöchsten Realwertquote – bestehend aus Aktien, Immobilien und Rohwaren – investiert. Tiefes systemisches Risiko, die global zu beobachtende Zurückhaltung der Anleger und das günstige saisonale Umfeld veranlassen uns, zwar nicht gegen den Strom, aber immerhin ein bisschen aggressiver als die Konkurrenz zu schwimmen, auch wenn wir keine Wunder von QE3 erwarten.
Globale Finanzmärkte
Aktien
Die globalen Aktienmärkte kompensierten im dritten Quartal 2012 die Verluste der Vorperiode. Einzige Ausnahme unter den meistbeobachteten Indizes war der japanische Nikkei-225 mit einem Verlust von knapp 2%. Den eindrücklichsten Turnaround vollzog der EURO STOXX 50 mit Aktien aus der Kernregion der Eurokrise: Ein Plus von 8% nach einem Verlust von 9% im Vorquartal. Neue langjährige Höchstwerte wurden im Dow Jones und im dividendenadjustierten Swiss Market Index erreicht: erstgenannter erreichte mit 13‘597 Punkten den höchsten Stand seit Dezember 2007, letztgenannter mit 11‘154 den Spitzenwert seit Juni 2008.
Obligationen
Obligationen in Schweizer Franken legten nochmals leicht zu. Innerhalb der Währung hoben sich CHF-Auslandobligationen positiv von Anleihen der Eidgenossenschaft ab. Fremdwährungsanleihen profitierten ebenfalls von den Lockerungsanstrengungen der Zentralbanken.
Rohwaren
Die im Thomson Reuters/Jefferies CRB Index zusammengefassten Rohwaren bewegten sich im Gleichschritt mit den Aktien. Der diversifizierte Korb legte in US-Dollar 9% zu.
Immobilien
Immobilien zeigen eine erfreuliche Entwicklung im laufenden Jahr. Erste Ermüdungserscheinungen waren aber sowohl in der Schweiz als auch in den USA im dritten Quartal zu spüren. Die beiden lokalen Indizes veränderten sich im Quartalsvergleich kaum.
Währungen
Dank Interventionen der Schweizerischen Nationalbank heisst es für den EURO/CHF-Wechselkurs „Treten an Ort“. Sowohl im dritten Quartal 2012 als auch im laufenden Jahr macht die Aufwertung ein knappes Prozent aus. Auf dem Weg zur Parität gegen den Schweizer Franken legte der US-Dollar eine Verschnaufpause ein. Nach dem Verlust von 1% im dritten Quartal 2012 beläuft sich das Plus im laufenden Jahr auf knapp 9%.