The Market climbs a wall of worry.
Immer neue Hiobsbotschaften haben die Finanzmärkte im 4. Quartal 2011 daran gehindert, die sprichwörtliche Mauer der Sorgen – the wall of worry – zu erklimmen. Bei so vielen schlechten Nachrichten, vor allem im Zusammenhang mit der Schuldenkrise in Europa, stellt sich die Frage, wie viel die aktuellen Marktpreise davon bereits eskomptiert haben. Aufgrund der erfreulichen Entwicklung im abgelaufenen Quartal muss die Antwort wohl lauten: Die Märkte haben überreagiert, die Fakten sind besser als die Stimmung.
Mit wenigen Ausnahmen verzeichneten die wichtigsten Anlageklassen überdurchschnittliche Gewinne. Erfreulicherweise setzte sich die seit Jahren zu beobachtende Gegenläufigkeit der Renditen zwischen Aktien und Obligationen nicht fort. Deshalb erzielten die beiden Anlageklassen mit der traditionell höchsten Gewichtung im gemischten Mandat positive Renditen. In der Folge gingen die Aktienverluste für das abgelaufene Jahr in den einstelligen Prozentbereich zurück.
Ein Versprechen für die Zukunft?
War das abgelaufene Quartal ein Versprechen für die Zukunft? Als Risikomanager prognostizieren wir weder den zukünftigen Verlauf der Finanzmärkte, noch massen wir uns an, das Verhalten unserer Indikatoren zu antizipieren. Wir sind auf langfristige Diversifikation und krisenresistente Portfolios fokussiert und wollen in erster Linie grössere Verluste vermeiden. Die aktuellen Ereignisse an den Finanzmärkten bestätigen uns, von diesem Ansatz nicht abzurücken.
Die Stabilität der Märkte hat sich seit unserem November-Update langsam aber stetig verbessert. Trotzdem befinden wir uns noch immer in einem Umfeld mit hohem systemischen Risiko, das wir mit unserem proprietären Systemic Risk Index berechnen. Traditionelle Indikatoren für die Einschätzung der Marktschwankungen zeigen jedoch an, dass wir uns von den Spitzenwerten im Oktober 2011 deutlich gelöst haben und uns den langfristigen Mittelwerten annähern.
Die Vorsicht unter den Anlegern ist unverändert gross. Diese Einschätzung ergibt sich zum einen aus den Informationen der Märkte für Aktienindexderivate, wo die Anleger bereit sind, für Verkaufsrechte (Puts) deutlich höhere Volatilitäten zu bezahlen als für Kaufrechte (Calls). Zum anderen zeigt die Analyse der entsprechenden langfristigen Datenreihen der Schweizerischen Nationalbank, dass die Anleger historisch tiefe Aktienquoten in ihren Wertschriftendepots halten.
Anlageklasse | Index | Rendite über 3 Monate per 31.12.2011 | Rendite über 12 Monate per 31.12.2011 |
---|---|---|---|
Aktien Global | MSCI World Net US$ | 7.59% | -5.54% |
Aktien Schweiz | Swiss Performance Index | 6.73% | -7.72% |
Obligationen Welt | JPM GBI Global Traded TR USD | 0.14% | 7.22% |
Obligationen Schweiz | Swiss Bond Index AAA-BBB TR | 0.47% | 4.84% |
Rohwaren | Thomson Reuters/Jefferies CRB TR | 2.40% | -8.21% |
Immobilien Schweiz | SXI Real Estate® TR | -1.08% | 6.73% |
Wechselkurs EUR/CHF | -0.34% | -2.82% | |
Wechselkurs USD/CHF | 4.77% | 0.56% |
Möglicherweise befinden wir uns in den meisten europäischen Ländern bereits in einer Rezession. Der Datenkranz ist zwar nicht eindeutig und für Deutschland sogar widersprüchlich. In Amerika sieht die Lage deutlich besser aus. Vor allem der traditionell nachhinkende Arbeitsmarkt zeigt immer wieder leichte Lichtblicke. Nachdem die globalen Erwartungen für Unternehmensgewinne seit sieben Monaten rückläufig tendiert haben, scheint langsam eine Bodenbildung erkennbar zu sein. Die Aktienmärkte sind auch in jüngster Zeit ihrer Rolle als Leading Indicator (vorauseilender Indikator) gerecht geworden. Daher stellt sich nun die Frage, ob und wie viel sie von einem möglichen Wirtschaftsaufschwung mit der positiven Entwicklung im abgelaufenen Quartal bereits vorweggenommen haben.
Das Aufholpotenzial für Aktien ist enorm. Über die letzten zehn Jahre liegen US-Aktien gegenüber amerikanischen Staatsanleihen mit über 100% Rendite im Rückstand. In der Schweiz verliert der dividendenadjustierte Swiss Market Index über 40% auf Anleihen der Eidgenossenschaft. Nach traditionellen fundamentalen Bewertungsmassstäben sind Aktien global günstig bis moderat bewertet.
In den Obligationenmärkten lassen sich nur noch dort Renditen erzielen, wo die Anleger bereit sind, höhere Risiken einzugehen. Unternehmensanleihen, High-Yield-Bonds und Anleihen von Emerging Markets zählen zu dieser Kategorie. Länder mit der besten Schuldnerqualität sind nach allen gängigen Kriterien masslos überteuert, und Staatsanleihen aus den europäischen Problemländern bieten möglicherweise nicht genug Rendite für das entsprechende Risiko. Wir erwarten, dass die letztgenannten Kategorien über viele Jahre eine unattraktive Rendite erzielen werden.
Wir beurteilen die Märkte weiterhin als verletzlich und bleiben mit dem Portfolio «Moderat» vorsichtig positioniert. Die beschriebene leichte Verbesserung bei unserem Systemic Risk Index haben wir in unserer ersten Sitzung im neuen Jahr insofern Rechnung getragen, als dass wir die Aktienposition um 4% erhöht haben. Damit liegen wir nun im Portfolio «Moderat» nahe an der oberen Bandbreite der Quote «Growth Assets», die sich aus Aktien, Immobilien und Rohwaren zusammensetzt und bei 40% liegt.
Globale Finanzmärkte
Aktien
Die globalen Aktienmärkte haben im 4. Quartal 2011 überdurchschnittlich zugelegt. Getrieben von den grossen Indizes der traditionellen Weltaktienmärkte legte der MSCI World Net US$ 8% zu. Der Schweizer Aktienmarkt konnte dank der grossen Standardwerte gut mithalten, Aktien aus dem Mid- und SmallCap-Bereich haben den Startschuss für die traditionelle, saisonalbedingte Aufholjagd bisher noch nicht gegeben. Japanische Aktien zollten dem starken Yen Tribut, der Nikkei 225 ist denn auch derjenige grosse Aktienindex, der aus technischen Gründen noch weit weg von einem Kaufsignal steht.
Obligationen
Obligationen verzeichneten ein weiteres Mal Gewinne auf Quartalsbasis. In der Schweiz werfen nun bereits die Staatsanleihen bis zu einer (Rest-)Laufzeit von fünf Jahren keine positive Verzinsung mehr ab.
Rohwaren
Die Anlagekategorie Rohwaren hat sich stabilisiert. Prominent war vor allem das Zwischentief beim Goldpreis. Rohwaren erzielten zwar ein Quartalsplus von immerhin 2%. Auf Jahreresbasis resultierte allerdings ein Verlust von 8%.
Immobilien
Die Immobilienkurse entwickelten sich uneinheitlich. Schweizer Immobilien erzielten jedoch eine erfreuliche Jahresrendite von 7%.
Währungen
Seit die Schweizerische Nationalbank den Euro-Mindestkurs auf 1.20 festgesetzt hat, ist die Volatilität des EUR/CHF-Wechselkurses stark gesunken. Nur die Schwankungen gegenüber dem US-Dollar blieben gross. Dieser legte auf Quartalsbasis 5% zu.