Rückblick
«Es gibt keine Sicherheit, nur verschiedene Grade der Unsicherheit.»
(Anton Pawlowitsch Tschechow, 1860–1904, russischer Schriftsteller)
Das Jahr 2018 hat ansprechend begonnen, aber die gute Stimmung hielt nur für kurze Zeit an. Anfang Februar ist die Volatilität sprunghaft angestiegen und die tägliche Schwankungsbreite der Kurse hat sich markant erhöht. Ungewohnte Tagesrückschläge von bis zu 3% haben viele Anleger erschreckt und risikoscheue Investoren zum Abbau von risikobehafteten Sachwerten veranlasst. Zusätzlich haben volatilitätsgetriebene Strategien zu den deutlichen Rückschlägen beigetragen und somit auch Leverage-Strategien zum Handeln gezwungen. Die Märkte sind in eine neue Phase eingetreten. Diese Veränderung führt unweigerlich zu Verunsicherung und es gilt, die Situation besonnen zu beurteilen.
Unsere proprietären Risikoindikatoren lassen darauf schliessen, dass vorerst keine grosse Gefahr für ein Ausufern dieser negativen Entwicklung besteht und die Märkte die unbehaglichen Störfaktoren gut absorbieren können. Obwohl der Wert des Turbulence Index aufgrund der erhöhten Volatilität leicht gestiegen ist, verharrt der Systemic Risk Index auf einem tiefen Niveau. Das ist ein Zeichen für eine niedrige Risikokonzentration; die Märkte sind robust und die Wahrscheinlichkeit von Tail Risks ist weiterhin gering.
Doch welche Faktoren haben zu der Veränderung der Marktsituation geführt und welche Erwartungen können daraus abgeleitet werden?
Anlageklasse | Index | Rendite über 3 Monate, per 31.3.2018 in Basiswährung | Rendite über 12 Monate, per 31.3.2018 in Basiswährung |
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Aktien Welt | MSCI World Net USD | -1,28% | 13,59% |
Aktien Schweiz | Swiss Performance Index | -5,22% | 5,73% |
Aktien EM | MSCI Emerging Markets NR USD | 1,42% | 24,93% |
Obligationen Welt | JPM GBI Global Traded TR USD | 2,17% | 7,60% |
Obligationen Schweiz | Swiss Bond Index AAA-BBB TR | -0,68% | -0,71% |
Rohwaren | Thomson Reuters/Jefferies CRB TR USD | 1,17% | 6,35% |
Immobilien Schweiz | SXI Real Estate® TR CHF | -1,86% | 0,05% |
Immobilien Ausland | FTSE EPRA/NAREIT Global TR USD | -3,35% | 7,51% |
Wechselkurs EUR/CHF | 0,50% | 9,99% | |
Wechselkurs USD/CHF | -2,12% | -4,74% |
Begonnen haben die Unsicherheiten mit einem schlagartigen Marktzinsanstieg nach aussergewöhnlich guten Wirtschaftszahlen. Dazu gesellte sich ein Albtraum für Investoren: das Thema Zölle auf Stahl und Aluminium. Die politischen Akteure reagierten darauf mit der Ankündigung von Gegenmassnahmen und einer wenig hilfreichen Rhetorik. Seither beschäftigen sich die Märkte mit dem Schreckszenario Handelskrieg zwischen den USA und China, den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt. Eine wahrlich unschöne Situation, die jedoch differenziert beurteilt werden muss:
- Die grosse gegenseitige Abhängigkeit der beiden Volkswirtschaften ist den Akteuren sehr bewusst. Zum einen benötigt China den amerikanischen Absatzmarkt für seine Basisprodukte, zum anderen lässt sich die USA das steigende Defizit zu einem ansehnlichen Teil von China finanzieren. Das sind gute Gründe, eine Eskalation zu vermeiden und einvernehmliche Beziehungen zu unterhalten.
- Beide Länder haben ein grosses Interesse daran, die Wirtschaft lähmende Strafzölle nicht flächendeckend, sondern nur dosiert zu erheben.
- China befindet sich in einer speziellen und wichtigen Übergangsperiode von einer exportgetriebenen Wirtschaft hin zu einer stärkeren Binnenwirtschaft. Diese vielversprechende Entwicklung ist in vollem Gange und sie wird mittelfristig zu einer deutlichen Entspannung der aktuellen Lage führen.
- Die Ankündigung Chinas, den Zugang zum chinesischen Markt für ausländische Investoren, Unternehmen und Produkte weiter zu öffnen, ist eine weitere Option, den drohenden Handelskrieg zu vermeiden.
Wir haben die Signale unserer Indikatoren in ein fundamentales Szenario mit einer hohen Eintretenswahrscheinlichkeit übersetzt und stellen zum Spannungsfeld China – USA fest: Beide Länder sollten das grösste Interesse daran haben, ihre Beziehungen zu stabilisieren. In den Augen der internationalen Investoren dürfte es nicht zu einer Eskalation kommen.
Bei nüchterner Betrachtung weisen unsere Risikoindikatoren auf die folgenden, vorteilhaften Aspekte hin, die vor lauter Säbelrasseln auf der politischen Ebene leicht in den Hintergrund geraten:
- Die globale Konjunktur entwickelt sich gut und weltweit fast im Gleichschritt. Das ist eine äusserst seltene Konstellation, die die Kapitalmärkte spürbar unterstützt.
- Die von verschiedenen Notenbanken bereits angekündigten sowie die noch zu erwartenden Zinserhöhungen sollten moderat ausfallen und die Märkte sind gut darauf vorbereitet. Ein Inflationsdruck besteht zurzeit nicht und ist auch für absehbare Zeit nicht auszumachen. Somit gibt es für die Notenbanken keinen Zwang, die Zinsen stark anzuheben.
- Die Unternehmen dürften für das erste Quartal 2018 die besten Ergebnisse seit langem ausweisen. Gemäss Prognosen der wichtigsten Konjunkturforschungsinstitute wird sich die Weltkonjunktur auch in den kommenden zwei Jahren vorteilhaft entwickeln und die Unternehmensgewinne weiter ansteigen lassen.
- Die deutlichen Korrekturen in den letzten Wochen betrafen in erster Linie überteuerte Werte in den Bereichen Technologie und Innovation sowie andere Branchen mit kapitalintensiven Geschäftsmodellen, jedoch nur bedingt den gesamten Markt.
- Die ausserordentlich gute Performance der Märkte im Jahr 2017 hat zu einem deutlichen Anstieg der Zahl kurzfristig agierender Akteure geführt. Der Bereinigung kann insofern auch Gutes abgewonnen werden, weil langfristige Investoren an die Stelle von spekulativ handelnden Marktteilnehmern treten.
Trotz bestehender Restrisiken, die nie ausgeschlossen werden können, sind wir gegenüber Sachwerten weiterhin positiv eingestellt. Unsere Präferenz gilt nach wie vor den Schwellenländern, die sich während der jüngsten Marktkorrektur im Vergleich zu den Industriestaaten sehr robust gezeigt haben.
Ausblick
«Eine Veränderung hält die Tür offen, damit auch die anderen Veränderungen eintreten können.»
(Niccolò Machiavelli, 1469–1527, italienischer Staatsmann und Schriftsteller)
Erkenntnisse aus dem Risk Regime Investing (RRI)
Das Risikoumfeld hat sich seit Februar zwar leicht verschlechtert, die Grundstimmung ist jedoch weiterhin konstruktiv. Die Märkte sind grundsätzlich in einer guten Verfassung und können schlechte Nachrichten absorbieren. Moderate Turbulenzen haben einige Investoren zum Abbau von Positionen verleitet oder gezwungen. Der tiefe Wert des Systemic Risk Index zeigt aber nach wie vor vorteilhafte Risikoverhältnisse an, die es zu nutzen gilt.
Wir haben unsere Positionierung im Februar leicht konservativer gestaltet. Nach der gesunden Korrektur erwarten wir in den kommenden Wochen keine weiteren Rückschläge. Im Gegenteil, durch die Bereinigung sind die Märkte in ihren Strukturen gestärkt worden. Weil zurzeit keine Risikokonzentration zu beobachten ist, sollten sich die Märkte erholen oder, im schlechtesten Fall, seitwärts bewegen.
Wir messen den Verlauf unserer Risikoindikatoren täglich und wären überrascht, wenn die systemischen Risiken in näherer Zukunft deutlich ansteigen würden. Die Situation könnte sich dann verschlechtern, wenn die Anleger einen Handelskrieg erwarten, was heute jedoch wenig wahrscheinlich ist. Eine sich klar abzeichnende Eskalation würde uns zwingen, den Sachwertanteil in unseren Portfolios zu reduzieren und eine konservative Positionierung einzunehmen. Andererseits ist es aktuell jedoch auch noch verfrüht, an eine Umschichtung in die höchste Risikostufe zu denken. Um eine solche Positionierung zu rechtfertigen, müsste sich der Turbulence Index merklich zurückbilden.
Erkenntnisse aus der Quantitative Stock Selection (QSS)
Wie erwähnt, befinden sich die Märkte in einer Übergangsphase mit einer deutlichen Rotation von überteuerten zu vernachlässigten Branchen.
Technologiewerte haben in diesem Umfeld besonders heftige Verluste erlitten. Unser QSS-Ansatz hat diese Titel in unserem Emerging Market Fonds, dem PARemerging Market Equities Fund, aus Bewertungsgründen nicht berücksichtigt. Im Januar 2018 führte dies zu einem leichten Rückstand unseres Fonds im Vergleich zur Benchmark, weil diese Werte den Referenzindex massgeblich nach oben drückten. Im Februar und März haben die überteuerten Technologietitel überdurchschnittlich stark an Wert verloren und unser Rückstand hat sich in einen Vorsprung verwandelt. Dem Stylefaktor «Value» teilen wir aktuell ein Gewicht von 16% zu, unter Berücksichtigung der sechs Faktorgruppen. Er hat seinen Dienst in unserem Investitionsansatz geleistet und unsere Portfolios vor den Übertreibungen und anschliessenden Rückschlägen verschont.
Ein anderes Beispiel für diesen Trend sind die vernünftig bewerteten Finanzwerte, die sich in den vergangenen Monaten sehr gut entwickelt und nun einen Teil ihrer Gewinne wieder abgegeben haben. Sie weisen eine natürliche Schwankungsbreite mit Tendenz der Notierung nach oben auf. Diese Entwicklung dürfte sich in den kommenden Monaten fortsetzen, und wir sehen keinen Grund, diese Titel zu veräussern.
In unserem letzten Newsletter vom Januar haben wir diesen Prozess beschrieben:
Nachdem wir eine längere Periode konjunktureller Erholung und Wachstums durchlaufen haben, ist es wichtig, dass wir uns auf die nächste Phase der Abschwächung vorbereiten. Dies im Bewusstsein, dass Wachstumsphasen länger andauern können als gedacht.
und
Auch die beiden Kontrahenten «Growth» und «Value» sollten sich in einer Übergangsphase ablösen. Nach der äusserst vorteilhaften Entwicklung wachstumsstarker Titel erfolgt eine Wachablösung zu Gunsten werthaltiger Titel mit hoher Dividende und stabilem Ertrag.
Diese Einschätzungen sind weiterhin gültig.
Globale Finanzmärkte – Rückblick
Aktien
Im ersten Quartal 2018 mussten die internationalen Aktienmärkte Verluste hinnehmen. Alle wichtigen Leitindizes verzeichneten Rückschläge, teilweise im hohen einstelligen Bereich. Der SPI verlor 5,22% an Wert, der S&P 500 gab gut 2% nach, der Dax und der japanische Nikkei rund 6%, und der FTSE 100 in Grossbritannien korrigierte um 8% (alle in Basiswährung). In Franken rechnende Anleger konnten bei europäischen Titeln zwar einen kleinen Währungsgewinn realisieren, der das Bild jedoch nicht spürbar verbesserte. Der Aktienindex MSCI World verzeichnete im ersten Quartal eine Performance von –1,28%, was in Franken einem Wertverlust von –2,99% entspricht. Schwellenlandaktien gemessen am MSCI Emerging Markets konnten sich vergleichsweise gut halten und führten die Quartalstabelle mit einem Plus von 1,42% (in Franken –0,34%) an.
Obligationen
Obligationen mit Anlagequalität haben ein durchzogenes erstes Quartal 2018 hinter sich. Der weltweit investierte Index von JP Morgan avancierte 2,17%, was in Franken gerechnet noch einer Wertentwicklung von 0,40% entspricht. Frankenanleihen mit einer Bonität zwischen BBB und AAA verzeichneten von Januar bis März ein Minus von 0,68%. Der Renditeunterschied zwischen Anleihen mit kurzer und mit langer Laufzeit hat sich in den letzten drei Monaten praktisch nicht verändert.
Rohwaren
Nach der Erholung auf breiter Basis im vierten Quartal 2017 schwankten die Rohwarenpreise im ersten Quartal 2018 erneut auf und ab. Der breit gefasste Rohwarenindex CRB notierte Ende März in Dollar gerechnet 1,17% höher als zu Jahresbeginn. Grund für das leichte Plus war der Ölpreis, der im Umfeld der geopolitischen Unsicherheiten und des Schlagabtauschs zwischen den USA und Russland mehr als 5% zulegte. Der Goldpreis avancierte 1,74%, Silber notierte zum Quartalsende 3,5% tiefer.
Immobilien
Die US-Notenbank Fed hat mit mehreren Zinserhöhungen vorgespurt, die Europäische Zentralbank (EZB) ist auf der Suche nach dem idealen Ausstiegstempo aus der ultralockeren Geldpolitik der vergangenen Jahre. Doch die Normalisierung der globalen Geldpolitik liegt immer noch in weiter Ferne – auch in der Schweiz. Die Zinsen in der Schweiz und Europa werden noch für längere Zeit auf ihrem sehr tiefen Niveau verharren. Schweizer Immobilienfonds verzeichneten im ersten Quartal 2018 ein Minus von 1,86%, ausländische Immobilienanlagen gaben 3,35% (in Franken 5,02%) nach.
Währungen
2017 war der Euro der Gewinner und der Dollar der Verlierer unter den wichtigen Währungen. Diese Entwicklung setzte sich im ersten Quartal 2018 fort, im Falle des Euros abgeschwächt, beim Greenback ungebremst. Der Euro hat sich zum Franken von Januar bis März nur noch leicht gefestigt und notierte zum Quartalsende 0,5% über dem Stand von Anfang Januar. Der Dollar gab zum Franken vor dem Hintergrund des Handelsstreits zwischen den USA und China 2,12% nach. Die Dollarschwäche machte sich auch gegenüber dem Euro bemerkbar, der Euro legte gegenüber der US-Valuta im ersten Quartal 2,72% zu.