Autorin: Melina Scheuber
Aktiv bewirtschaftete Anlagefonds stehen seit einigen Jahren vermehrt in der Kritik. Bemängelt werden ihre hohen Kosten und die oft unbefriedigende Performance. Deshalb ist passives Investieren mittels ETF und Indexfonds in den letzten Jahren immer beliebter geworden.
Als quantitativer Vermögensverwalter beobachten wir, dass viele Märkte eine hohe Effizienz aufweisen. Das führt dazu, dass das Erreichen einer nachhaltigen Outperformance mit aktiven Anlageinstrumenten äusserst schwierig sein kann. Aus diesem Grund empfehlen wir unseren Kunden, in effizienten Märkten auf passive Vehikel zu setzen.
Die richtige Auswahl des passenden passiven Instruments hängt von einigen Faktoren ab (lesen Sie dazu unseren Beitrag in Englisch «How to pick the right ETF»). Einer davon ist die Wahl zwischen ETF (Exchange Traded Funds) und Indexfonds.
Unterschiede zwischen ETF und Indexfonds
Standen in den letzten Jahren vor allem ETF im Fokus der Investoren, sind in jüngster Zeit auch Indexfonds in den Vordergrund gerückt. Beide verfolgen das Ziel, einen Index möglichst exakt und kostengünstig abzubilden. Anlageprodukte beider Kategorien weisen grosse Ähnlichkeiten auf, aber es ist trotzdem wichtig, ihre Unterschiede zu kennen.
Indexfonds | ETF | |
---|---|---|
Indexabbildung | Physisch | Physisch und synthetisch |
Bewertung | Einmal täglich, Abrechnung zum täglichen NAV | Laufend während der Börsenöffnungszeiten |
Zeichnung/Rücknahme | Über Fondsgesellschaft | Je nach Auftragsgrösse mehrere Auftragsarten möglich |
Handel | Primärmarkt | Sekundärmarkt und Primärmarkt |
Handelbarkeit | Einmal pro Tag | Laufend während der Börsenöffnungszeiten |
Transaktionskosten | Ausgabeaufschlag/Rücknahmeabschlag | Spread |
Stempelsteuer | Nein (bzw. nur bei Zeichnung von ausländischen Fonds) | Ja |
Indexabbildung
Bei der Nachbildung eines Indexes wird zwischen der physischen (direkten) und synthetischen (indirekten) Methodik unterschieden.
Wenn bei einer physischen Replikation ein Index zu 100% nachgebildet wird, spricht man von der Vollreplikation. Das heisst, dass der Fonds alle im Index enthaltenen Aktien und zu den exakt gleichen Gewichtungen wie im Index kauft. Die physische Vollreplikation eignet sich für die Nachbildung von Indizes mit einer übersichtlichen Anzahl an liquiden Aktien, wie z.B. den SMI (Swiss Market Index). Bei Indizes, die sehr viele Aktien umfassen – wie z.B. dem Index für Aktien aus Industrienationen mit kleiner Marktkapitalisierung (MSCI World Small Cap Index), der rund 4300 Aktien beinhaltet –, findet aus Kostengründen häufig eine Teilreplikation statt. Dabei hält der Fonds nur die Titel mit der höchsten Gewichtung im Index und gewichtet sie proportional neu.
Die physische Vollreplikation ist die kostenaufwendigere Variante, bei der Teilreplikation entstehen automatisch gewisse Abweichungen des Fondsportfolios zum Index (Tracking Error).
Synthetisch replizierte Fonds enthalten nicht die im Vergleichsindex enthaltenen Anlagewerte. Die Zusammenstellung des Anlagekorbs dient als Sicherheit. Die Indexnachbildung wird mittels eines Tauschgeschäfts (Swap) angestrebt, wobei eine Gegenpartei, also ein Swap-Partner (oft eine Investment Bank), benötigt wird. Konkret tauschen Fondsanbieter und Swap-Partner ihre Renditen aus. Der Fondsanbieter erhält vom Swap-Partner die genaue Wertentwicklung des gewünschten Referenzindexes, abzüglich Kosten. Im Gegenzug übergibt der Fondsanbieter dem Swap-Partner die Rendite des dem Fonds zugrundeliegenden Anlagekorbs.
Die synthetische Replikation eignet sich vor allem zur Abbildung von illiquiden Märkten oder dort, wo Basiswerte nicht physisch gekauft werden können (z.B. Rohöl). Sie ist meist kostengünstiger als die physische Indexabbildung und kann gewisse steuerliche Vorteile mit sich bringen. Allerdings ist sie auch komplexer und kann in extremen Marktsituationen Gegenparteirisiken bergen.
Indexfonds werden derzeit physisch repliziert, bei ETF kommen beide Replikationsmethoden zur Anwendung.
Bewertung, Zeichnung/Rücknahme und Handel
Indexfonds werden nicht an der Börse gehandelt. Ihr Kauf und Verkauf wird einmal täglich über die Fondsgesellschaft zum sogenannten Net Asset Value (NAV) abgerechnet. Bei ETF hingegen wird fortlaufend ein iNAV (indikativer Nettoinventarwert) berechnet. Darauf basierend stellen «Market Maker» verbindliche Kauf- und Verkaufspreise, was eine laufende Liquidität während der Börsenöffnungszeiten sicherstellt.
Ein ETF-Investor kann also unter normalen Marktbedingungen sofort ein Engagement auf- oder abbauen. Anleger in Indexfonds müssen Handelsaufträge bei ihrer Bank 1 bis 2 Stunden vor dem im Fondsvertrag festgelegten offiziellen Annahmeschluss platzieren. Die Auftragsabwicklung erfolgt dann erst am nächsten oder im Falle von internationalen Portfolios sogar am übernächsten Tag. Somit ist der Transaktionspreis beim Auftragszeitpunkt nicht bekannt.
Transaktionskosten
Bei der Abwicklung eines Kauf- und Verkaufsauftrags fallen sowohl beim ETF als auch beim Indexfonds verschiedene Kosten an. Hat der Investor keine All-in-Fee mit seiner Bank vereinbart, belastet diese für jedes Börsengeschäft eine Courtage, die sogenannte Abwicklungsgebühr.
Indexfonds haben fixe Ausgabeaufschläge bzw. Rücknahmeabschläge. Diese werden dem Fondsvermögen gutgeschrieben und dienen den bestehenden Fondsinvestoren als Verwässerungsschutz. In extremen Marktsituation können sie temporär erhöht werden, wie zuletzt bei einigen Obligationen- oder Goldindexfonds während der Coronakrise. Ein Vorteil von Indexfonds ist, dass sie meist in Franken gezeichnet werden können, auch wenn die Basiswährung eine andere ist. Somit entfällt ein allenfalls kostspieliger Währungstausch.
ETF können je nach Auftragsgrösse auf verschiedene Arten gehandelt werden. Für Ordergrössen unter 100 000 Franken sind Börsenaufträge die Regel, wobei ein Spread anfällt. Im Gegensatz zu den Ausgabeaufschlägen bzw. Rücknahmeabschlägen bei Indexfonds ist dieser nicht fix und kann je nach Situation geringer oder höher ausfallen (vgl. Box).
Steuerliche Aspekte
In der Schweiz spielt die Stempelsteuer eine wichtige Rolle beim Handel von Wertpapieren. Analog zu Aktien unterliegen ETF sowohl beim Kauf als auch beim Verkauf der Schweizer Stempelsteuer. Auf in der Schweiz domizilierten ETF fallen derzeit 0,075% Stempelsteuer an, bei im Ausland domizilierten ETF sind es 0,15%.
Schweizer Indexfonds sind sowohl bei Zeichnungen und Rücknahmen von der Stempelsteuer befreit. Lediglich bei ausländischen Indexfonds kommt eine Stempelsteuer von 0,15% auf Zeichnungen (Rücknahmen sind steuerfrei) zum Tragen.
Ein ebenfalls nicht zu vernachlässigendes Thema ist die Verrechnungssteuer (bei ausländischen Anlagen auch Quellensteuer genannt), die je nach Fondsdomizil unterschiedlich hoch ist und einen Einfluss auf die Rendite hat. Investitionen in Schweizer Anlagen sollten über in der Schweiz domizilierte Indexfonds bzw. ETF getätigt werden, da die Verrechnungssteuer vollumfänglich zurückgefordert werden kann.
Eine mit der Schweiz vergleichbare Verrechnungssteuer kennen viele Länder. Die Art des Steuerabkommens zwischen den Ländern, falls überhaupt vorhanden, bestimmt, ob sich eine Investition in ausländische Titel in einem bestimmtes Fondsdomizil lohnt. Eine Investition in US-Aktien z.B. ist für Schweizer Anleger über einen Fonds mit Domizil Irland interessant. Bei in den USA domizilierten ETF muss aufgepasst werden; sie können beim Ableben des Investors Erbschaftssteuern in den USA auslösen.
Indexfonds oder ETF?
Ob ein Indexfonds oder ETF die bessere Anlageoption ist, kann nicht pauschal gesagt werden. In der Schweiz domizilierte Indexfonds sind oft günstiger und bieten steuerliche Vorteile. Die Auswahl an ETF ist derzeit aber deutlich grösser und ihre Liquidität bietet eine höhere Handelsflexibilität.
Gerne helfen wir Ihnen bei der Strukturierung Ihres optimalen passiven Portfolios. Bitte sagen Sie uns, wann wir Sie für eine Terminvereinbarung am besten erreichen können.