Jacques E. Stauffer, CIO PARSUMO Capital AG – April 2015:
«Wir reduzieren die Fremdwährungsquote in den Portfolios»
In unserem sporadisch erscheinenden Bericht «Aktuelle Marktlage aus Sicht des Risikomanagements» kommentieren wir die relevanten Veränderungen der Risikoverhältnisse an den Kapitalmärkten und greifen Themen aus dem Risikomanagement auf. In den letzten Monaten gab es an den internationalen Devisenmärkten massive Bewegungen. Die Risikofaktoren in Fremdwährungen sind komplex und folgen heute anderen Gesetzen als noch vor ein paar Jahren. Wir erläutern in diesem Artikel die Chancen und Risiken von Investitionen in Fremdwährungsaktiva und wie PARSUMO Capital auf die jüngsten Entwicklungen reagiert.
Währungen können überschiessen oder unterschiessen. Mittel- und langfristig tendieren sie um einen «fairen» Wechselkurs, der vom Zinsgefüge und somit von der absoluten und relativen Wirtschaftsleistung eines Landes abhängt. Soweit die Theorie. In der Realität gibt es Trends in Währungen, die viele Jahre anhalten können, sich dann aber – ist ein Dammbruch einmal erfolgt – schnell korrigieren. Währungen werten jedoch normalerweise nicht über Nacht um 30% oder mehr ab – ausser ein Land tritt aus einer Gemeinschaftswährung aus oder eine Zentralbank löst die Bindung an eine andere Währung auf. Wie an den Aktien- oder Obligationenmärkten stellt sich für den Investor die Frage, ob Wendepunkte antizipiert werden können, und wie er sich in Bezug auf Fremdwährungen strategisch positioniert.
SNB ENTSCHEID MIT WEITREICHENDEN FOLGEN.
Mit der Aufhebung des Mindestkurses des Euros zum Franken am 15. Januar 2015 hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) eine Schockwelle an den Devisenmärkten ausgelöst. Diese Aktion war notwendig und wurde auch durch die geplante massive quantitative Lockerung (Anleihenkäufe am Sekundärmarkt) der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgelöst.
Am 15. Januar legte der Franken gegenüber Euro und Dollar temporär fast 40% zu. Bis am Abend büssten der Euro und der Dollar gegenüber dem Franken 14% resp. 13% an Wert ein. Viele Investoren mit Positionen in diesen Währungen wurden auf dem falschen Fuss erwischt und erlitten herbe Verluste. Die Folgen des SNB-Entscheids – und die damit einhergehende Verstärkung der Negativzinsen – beschäftigen nicht nur Banken, Vermögensverwalter und Finanzinvestoren, sondern auch Unternehmer und Politiker.
Seit Anfang Jahr gab der Euro-Franken-Kurs um 13% nach, in den letzten zwölf Monaten um 15%. Auch zum Dollar wertete der Euro seit Anfang Januar um 14% ab, im Jahresverlauf waren es gar 24%. Der Dollar büsste zum Franken seit Anfang Januar nur 1.5% an Wert ein, im Jahresverlauf wertete er 12% auf. Die Wertschwankungen in diesen Währungen waren also enorm hoch und spiegeln sich in der Performance der Portfolios der Anleger.
GELDPOLITIK VERZERRT DEVISENMÄRKTE
Dem Risikomanagement von Anlagen mit Devisenrisiken – Diversifikation und Absicherung – kommt also eine hohe Bedeutung zu, da Währungsgewinne oder -verluste Kursbewegungen der zugrundeliegenden Anlageklassen neutralisieren können.
In den letzten fünfzehn Jahren gab es extreme Währungsbewegungen, deren wichtigste der enorme Wertverlust des Dollars ist. Von 2002 bis 2010 halbierte sich der Wert der amerikanischen Valuta zum Franken und Euro. Erst vor Jahresfrist erstarkte er wieder. Die Entwicklung des Euro-Franken-Kurses ist bekannt, seit 2005 hat der Euro zum Franken fast 40% an Wert verloren.
Wie die Aktienmärkte werden auch die Devisenmärkte durch die weiterhin extrem lockere Geldpolitik verzerrt. Weltweit werten die Zentralbanken ihre Währungen ab; sie tun das offiziell kund, und niemand stört sich mehr daran. Die Währungsabwertung ist ein normales wirtschaftspolitisches Instrument geworden. Ob diese Politik in letzter Konsequenz die Konjunktur und die Wettbewerbsfähigkeit stärkt, ist fraglich. Findet einmal ein Umdenken und eine Rückbesinnung auf realwirtschaftliche Faktoren statt, wäre auch eine Trendwende an den Devisenmärkten möglich. Der Kulminationspunkt der Frankenstärke könnte dann erreicht sein, unterstützt von nochmals erhöhten Negativzinsen der SNB.
WIE VIEL ABSICHERUNG IST NÖTIG?
Die Extrapolation der Entwicklungen der letzten Jahre legt jedoch nahe, dass der Franken vorerst stark bleibt und andere Währungen abwerten. Die Absicherung von Währungsrisiken scheint vernünftig. Die für Investoren zentrale Frage ist, ob sich die jüngste, extreme Entwicklung – nach unten oder oben – wiederholen kann. Ist ein Szenario denkbar, in dem der Franken zum Euro nochmals 25% aufwertet, und ist es möglich, dass der Dollar weiter erstarkt und gegenüber den meisten anderen Währungen in absehbarer Zeit 20% und mehr zulegt? Ist ein Wechselkurs von 0.8 €/$ oder 200 $/Yen denkbar?
In Franken denkende Investoren, die einen noch stärkeren Franken erwarten oder ganz allgemein keine Währungsrisiken eingehen wollen, sollten ihre Engagements absichern. Wer in Japan und im Euroraum investieren will, sollte ein Hedging des Währungsrisikos vornehmen, diese Währungen dürften sich weiter abwerten. Der Dollar ist wegen des Zinsumfelds und der konjunkturellen Dynamik die attraktivere Währung als der Euro, eine Absicherung drängt sich nicht zwingend auf. Es muss auf jeden Fall genau erkannt werden, wo in einem Portfolio Fremdwährungsrisiken anfallen und, ob man dieses absichern will.
Dabei sollte die Währung kein Grund sein, nicht im Euroraum oder in anderen Regionen zu investieren. Einerseits können ausländische Aktienengagements in Erwartung einer guten Rendite auch unter Berücksichtigung von Währungsverlusten eingegangen werden. Das haben wir in Europa und Japan gesehen. Anderseits gehen auch Anleger, die nur in Schweizer Aktien investieren, ein Währungsrisiko ein: Grosse, international tätige Unternehmen sowie unsere KMU spüren die internationalen Währungsschwankungen intensiv, und ein allfälliger Margendruck schlägt sich in der Wertentwicklung der Titel nieder.
WÄHRUNGSRISIKEN MIT ETF STEUERN
Ein privater Investor, der in Franken denkt, kann Währungsrisiken im Aktienbereich ganz gezielt dosieren. Es ist für ihn zwar aufwändig und teuer, einzelne ausländische Titel abzusichern – aber der Kauf eines kotierten Fonds (ETF) mit Währungsabsicherung löst dieses Problem professionell und günstig. Der Investor trägt dann jedoch die Opportunitätskosten allfälliger Fremdwährungsaufwertungen zum Franken. Auch für institutionelle Investoren drängt sich ein Hedging der Währungsrisiken auf. Sie haben wegen ihrer Geschäftsfelder oft substanzielle Exposures im Ausland und wollen Cash-Positionen nicht auch noch in ausländischer Währung halten.
Was für Aktienanlagen sinnvoll sein kann, ist in Obligationen hingegen schwieriger. Die Volatilität in Anleihenrenditen stammt massgeblich von der Währung, der Einkommensstrom ist vorhersehbar und stetig. Ein Währungs-Hedge mittels Franken-Termingeschäften, die mit Negativzinsen behaftet sind, würde die Renditen auf Schweizer Niveau drücken.
Pensionskassen haben zusätzlich das Problem, dass ihre Verpflichtungen in Franken anfallen. Sie müssen einen Grossteil ihrer Fremdwährungsengagements absichern. Auch sie tragen allfällige Opportunitätskosten und je kleiner die Pensionskasse, desto kostspieliger ist die Währungsabsicherung auf eigene Faust (Spreads, Rollkosten, etc.).
All diese Überlegungen müssen bei der Festlegung der Währungsquote in einem Portfolio berücksichtigt werden. PARSUMO Capital behandelt die Steuerung der Währungsrisiken als integralen Bestandteil des Risikomanagements. Unsere proprietären Risikoindikatoren zeigen, dass die Stressfaktoren an den Märkten nach wie vor sehr hoch sind. Wir reagieren auf die Entwicklungen der letzten Monate, indem wir in unserer Benchmark separat zur Auslandquote eine tiefere neutrale Fremdwährungsquote definieren. Die Veränderungen und Anpassungen in den Portfolios erfolgen sorgfältig und subtil, indem wir den Anteil an währungsgesicherten Auslandanlagen – mehrheitlich in Franken-gehedgten ETF auf Auslandaktien – erhöhen.